2025 Abenteuer Transafrika – Guinea
Am Grenzübergang nach Guinea geht es von beiden Seiten her kommend sehr geschäftig zu. Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer kennen die Afrikaner eher gar nicht als wenig. Da bleibt auch schon Mal der Bananentransporter mitten auf der Straße stehen, um „Geschenke“ an die Grenzbeamten zu verteilen. Doch alles in allem sind wir in weniger als 30 Minuten durch und können bis zum nächsten Halt ein paar Kilometer weiterfahren. Dort werden nun sämtliche größeren Fahrzeug nach illegal eingeführten Menschen und Waren durchleuchtet, wie es bei der Einreise nach Marokko auch der Fall ist. Jetzt nur noch das Carnet ausfüllen lassen und wir sind endgültig im Land angekommen – und wieder sind alle sehr freundlich und zuvorkommend zu uns.
Guinea, das auch „das Land des Wassers“ genannt wird, hat etwa zwei Drittel der Größe von Deutschland und die ca. 15 Mio. Einwohner verteilen sich überwiegend auf die größeren Städte des Landes. Die meisten großen Flüsse Afrikas, wie der Senegal, der Gambia und auch der Niger entspringen hier. Zudem gibt es in keinem anderen Land des Kontinents so viele Wasserfälle. Die ehemalige französische Kolonie wurde 1958 unabhängig und zählt zu den eher ärmeren Ländern dieser Erde.
Schon kurz hinter der Grenze, fallen uns auf den abgebrannten Feldern und Wiesen die vielen "Hoodoos" auf. Die kennen wir noch recht gut, allerdings in größeren Dimensionen, von unseren vielen Nordamerika Reisen. Sie entstehen, wenn sich hartes Gestein auf weichem Gestein befindet und durch Erosion die unteren Abschnitte vor den oberen Abschnitten ausgewaschen werden. Dies ist schon mal ein guter Platz, um eine längere Pause einzulegen und die ganzen Grenzdokumente wieder zu sortieren.
Die Verkehrsbedingungen wie auch die Transportvarianten für Mensch und Material sind in Guinea äußerst gewöhnungsbedürftig. Auf den Dächern der Fahrzeuge sitzen die Mitfahrer völlig entspannt auf ihrem Transportgut. Auch die Straßenverhältnisse variieren von sehr akzeptabel bis hin zu „unter aller Sau“ – aber wir gewöhnen uns sehr schnell daran.
Unseren ersten Übernachtungsplatz in Guinea finden wir etwas abgelegen direkt an einem Fluss. Die Temperaturen empfinden wir als sehr akzeptabel, da wir uns zwischenzeitlich auf etwa 800 Höhenmeter hochgearbeitet haben. Am Abend gönnen wir uns noch ein erfrischendes Bad in dem klaren und durchaus angenehm temperierten Wasser – garantiert Krokodilfrei.
Zwischenzeitlich sind die Grenzübergänge im Nachbarland Guinea-Bissau, nach dem Putsch auch für Touristen wieder geöffnet.
Wir fahren jetzt auf einer ausgewiesenen „Nationalstraße“ der zweitgrößten Stadt des Landes entgegen, Labé. Nicht immer ist der Asphalt so, wie man ihn auf solch einer Straße gerne hätte. Auch die Zeitangaben des Navi sind eher nur als grobe Schätzungen zu betrachten. Doch werden Teile der „N5“ zwischenzeitlich für die Renovierung vorbereitet und dabei ehemalige Brücken auch mal zweckentfremdet. Solange sich der Gegenverkehr in Grenzen hält, ist das Fahren auf den Pisten nicht so schlimm – landschaftlich ist es auf jeden Fall ein Hochgenuss. Lediglich der rote Sand und Staub dringt unweigerlich durch jede Ritze ins Fahrzeug.
Wie Eingangs bereits beschrieben, befinden wir uns im Land der meisten Wasserfälle. Dass wir uns nicht alle Fälle und Kaskaden anschauen können ist klar. Daher beschränken wir uns auf ein paar Wenige, die nicht zu weit von unserer vorgesehenen Route entfernt liegen.
Von Labé aus fahren wir nochmals ein kurzes Stück auf der „N5“ zurück, um von dort aus an den „Chute de Saala“ zu gelangen. Fast 25km geht es jetzt auf teilweise übelster Piste und durch dichten Dschungel dem Wasserfall entgegen. Kurz vor den oberen Kaskaden ist Schluss mit Fahren und wir bleiben gleich für die Nacht stehen. Den Rest der Strecke gehen wir zu Fuß.
Wir werden mit traumhaften Ausblicken auf den sich anbahnenden Wasserfall belohnt. Zunächst nähert er sich über mehrere Felsstufen dem eigentlichen Fall in die Tiefe und aufgrund der erst vor kurzem zu Ende gegangenen Regenzeit, führen die Flüsse momentan sehr viel Wasser mit sich. Leider endet der Pfad durch den Dschungel, kurz bevor wir den Wasserfall erreichen.
Ein weiterer Hike führt uns zu einem etwas entfernteren Overlook. Von dort erhalten wir einen fantastischen Blick auf die gesamten Ausmaße des Wasserfalls, wie er aus dem Dschungel kommend in die Tiefe stürzt – wow, sind solche Augenblicke noch zu toppen?
Nach diesen beeindruckenden Erlebnissen machen wir uns auf den Rückweg. Sicherlich wäre es jetzt ein Einfaches gewesen, denselben Weg wieder zurückzunehmen. Doch wir entscheiden uns für eine kürzere Strecke ohne zu ahnen, dass eine Brücke für den Iveco absolut nicht zu befahren ist. Also, wieder ein Stück zurück und nach einem anderen Weg suchen. So wird aus einer vermeintlichen Abkürzung wieder ein langer und holpriger Ritt – doch auch hier haben wir nette Begegnungen.
Auf dem Markt von Pita decken wir uns wieder mit frischen Obst und Gemüse ein. In der Relation zu den bisherigen Ländern, sind die Lebensmittel in Guinea sehr teuer und zumeist von einer eher weniger guten Qualität. Danach lassen wir uns noch im örtlichen "Freiluftatelier" ein paar Passbilder anfertigen, die für die anstehenden Visaanträge benötigt werden – Bilder sind sofort verfügbar.
Wir besuchen Karl, der auch aus dem Schwabenland stammt, aber schon über 20 Jahre mit seiner Familie in Guinea lebt. Er war für viele Jahre mit seinem LKW in Afrika unterwegs, bis er hier in Pita sesshaft wurde. In seinem wunderschönen Garten können wir für die anstehende Nacht bleiben. Am Abend unterhalten wir uns noch sehr lange über das Reisen, seine Missionsarbeit bis hin zur aktuellen Weltpolitik – das sind die Begegnungen, die das Reisen so interessant machen. Vielen lieben Dank Karl.
Auf der örtlichen Präfektur lassen wir uns eine Zufahrtsgenehmigung für die „Kambadaga" Wasserfälle ausstellen. Dabei zeigt der zuständige Präfekt sehr großes Interesse an unseren Reisen sowie unseren Reiseerfahrungen. Sehr gerne würde er am Nachmittag in Form eines Arbeitskreises mit uns über die touristischen Möglichkeiten in seiner Stadt diskutieren. Um schnell aus dieser Nummer zu kommen erstellen wir einen Plan, wie die ganze Sache angegangen werden muss. Wenn diese Punkte irgendwann erfolgreich umgesetzt sein sollten, darf er uns sehr gerne für den Fortgang seines Vorhabens erneut kontaktieren. Wir gehen einfach mal davon aus, dass wir nichts mehr von ihm hören werden. Doch gehen dürfen wir noch lange nicht – jetzt wird erstmal gegessen. Ein typisch guinessisches Gericht, bestehend aus Hühnchen, Reis und scharfer Erdnusssoße, wird auf einem großen Teller serviert, woraus dann alle essen – schmeckt sehr lecker, aber für unseren Gaumen viel zu scharf.
Nachdem wir uns aus der Präfektur losreißen konnten, machen wir uns auf den Weg zu den „Kambadaga“ Wasserfällen. Zunächst geht es auf einer guten Schotterpiste flott voran. Doch so nach und nach wird es immer steiniger und enger um kurz vor dem Fluss doch kapitulieren zu müssen. Nach genauer Inspizierung und Begutachtung des Untergrundes am letzten Abschnitt, parken wir den Iveco für die Nacht und gehen zu Fuß an die oberen Fälle. Von hier genießen wir den Sonnenuntergang inmitten des Dschungels.
Am nächsten Morgen stehen zwei Wanderungen an. Die erste führt uns steil durch den Dschungel hinunter, bis wir zwischen den zwei großen Wasserfällen stehen. Wir nähern uns zwar dem oberen Fall, doch die starke Gischt hält uns auf Distanz. Am unteren der beiden Fälle müssen wir dagegen äußerst vorsichtig sein, da die Felsplatten sehr klitschig sind.
Am Ende unserer zweiten Tour an diesem Tage, stehen wir am Rand des Canyon und haben einen atemberaubenden Ausblick auf die gesamten „Kambadaga Fälle“. Wir sind so begeistert, dass wir uns an diesen Aussichten kaum sattsehen können.
Wieder zurück auf der „N5“, die zwischenzeitlich leider nicht besser wurde, rumpeln wir uns durch bis Dalaba. Dort befindet sich das ehemalige Wohnhaus der wohl populärsten Sängerin Afrikas, Miriam Makeba (Pata, pata). Hier lebte die südafrikanische Künstlerin und Kämpferin gegen das Apartheid-Regime in ihrem Heimatland, ab 1968 für ca. 10 Jahre mit ihrem Mann im Exil. Leider ist das Haus wie auch das restliche Anwesen ziemlich heruntergekommen, da auch immer wieder eingebrochen und vandaliert wird.
Mohammed begleitet uns beim Rundgang durch das Gebäude und erläutert uns viele Begebenheiten rund um die berühmte Sängerin und Komponistin. U.a. war auch der wohl bekannteste Apartheitskämpfer Südafrikas, Nelsen Mandela, hier zu Gast. Er bewegte 1990 Miriam Makeba dazu, wieder nach Südafrika zurückzukehren. Mit 76 Jahren verstarb sie im November 2008.
Nur ein Steinwurf entfernt befindet sich das s.g. „Palaberhaus“. Das 1936 erbaute „Case à Palabres“ ist ein beeindruckend großer Versammlungssaal mit wunderschönen Fulbe-Reliefs. Es wurde einst von den Dorfältesten genutzt, um wichtige Angelegenheiten zu besprechen. U.a. wurde 1957, in diesem kürzlich renovierten Gebäude, die Unabhängigkeit Guineas von Frankreich beschlossen.
In Mamou haben wir die katastrophale und nervenaufreibende Straße, die mit so vielen Fahrzeugwracks bestückte ist, endlich hinter uns gebracht. Auf einem Asphalt vom „aller Feinsten“ gleiten wir jetzt Conakry, der Hauptstadt des Landes, entgegen.
In den südwestlichsten Ausläufern des „Fouta Djalon“, wie diese Gebirgslandschaft in Zentralguinea genannt wird, schauen wir uns bei Kindia nochmals einen Wasserfall an – den „Voile de la Mariee“ (Brautschleier Wasserfall). Am vorderen Wasserfall ist es möglich, bis unter das aus etwa 80m herabstürzenden Wasser zu schwimmen. An dem etwas weiter entfernteren der beiden Fälle können wir auch hinter den Wasserfall gelangen – doch trocken bleiben wir dabei nicht.
Wir nähern uns jetzt der 5 Millionen Metropole Conakry. Der Verkehr wird immer dichter und das Müllaufkommen erreicht eine Dimension, die wir so noch nie gesehen haben. Dank iOverlander finden wir an einem kleinen Hotel einen relativ ruhigen Platz für die nächsten Tage – eine grüne Oase inmitten diesem Moloch.
Von hier aus begeben wir uns mit dem Tuk-Tuk und dem Taxi auf einen Visa-Marathon. Erster Anlaufpunkt ist die Botschaft der Republik Kongo. Dort erhalten wir binnen 30 Minuten unser Visa. Als nächstes stehen die Botschaften von Liberia, der Elfenbeinküste und der DR Kongo auf dem Zettel. Alles verläuft prima. Zudem muss sich Hajo leider einer zweitägigen Wurzelbehandlung an einem seiner Backenzähne unterziehen – aber auch die verläuft erfolgreich.
An einem der Abende sind wir mit drei Holländern auf Kneipentour, die sich neben uns mit ihren Landy einquartiert haben. Auch sie sind auf dem Weg nach Kapstadt, wo sie allerdings schon in 4 Wochen sein wollen – sportlich, sportlich.
Nach fünf Tagen haben wir unseren Marathon in Conakry erfolgreich abgeschlossen. Wir sehen nun zu, dass wir der Stadt so schnell wie möglich den Rücken kehren und steuern jetzt die nächste Landesgrenze an – es geht nach Sierra Leone.